27-06-2018 – Tag 12: St. Petersburg (RUS) – Raudsilla (EST)

von Thomas:

Statistik:
gefahrene Strecke: 295,6 km
Abfahrt: 9:30 Uhr
Ankunft: 15:30 Uhr
Fahrtzeit: 6:00 Std.

Nachdem wir in aller Ruhe geduscht und die Thermobecher mit Kaffee befüllt hatten, ging es auch schon los. Es war auch schon wieder 9:30 Uhr, allerdings ohne Frühstück, die Zeit wollten wir uns sparen (wir haben dann unterwegs an einer „Raststätte“ angehalten, über die angebotenen Speisen und den völlig versüßten Kaffee schweigen wir lieber).

Die Fahrt raus aus St. Petersburg ging relativ gut. Auf der Landstraße in Richtung Estland sahen wir relativ regelmäßig andere BSC-Teilnehmer. Also übliches Spiel, freundliches Hupen und Grüßen beim Überholen und weiter geht die Fahrt in der Hoffnung, dass die Überholmanöver uns einen zeitlichen Vorsprung an der Grenze bescheren.

Dieser Optimismus blieb, bis plötzlich kurz nach dem Ortseingang von Iwangorod alles stoppt, der Stau an der russisch-estnischen Grenze begann. Wir kommen ungefähr 100 Meter vor einem Kreisverkehr zu stehen, der viele Fahrer mit russischen oder estnischen Kennzeichen veranlasst, rechts an allen vorbei zu drängeln, um Wartezeit zu sparen. Wir haben uns aber noch relativ gut behaupten können.

Nachdem wir die Vorselektion passiert hatten, fanden wir uns tatsächlich an dem russischen Grenzübergang wieder – vier Spuren, dreimal „Goods to declare“, einmal „Nothing to declare“. Da die Schlange auf der „Nothing to declare“-Spur mit Abstand die kürzeste war (und wir ja auch nix deklarieren wollten – ein Fehler, wie sich rausstellt), haben wir uns also dort angestellt. Ein paar Minuten später kommt eine russische Zollbeamtin und erklärt uns auf russisch, dass wir dort nichts zu suchen hätten (oder sie hat uns die Lottozahlen vom letzten Wochenende auf russisch verraten). Ihre Zeichen waren aber eindeutig 🙂

Also wieder in eine der anderen drei Spuren zurück (mittlerweile eine reine BSC-Spur), dort fiel uns dann auch auf, dass wir natürlich für den Nobel-Hobel eine Zoll-Deklaration hatten, wir wären also wirklich falsch gewesen…

Als wir dann an der Reihe waren, ging ich schon mal zu dem Schalter, an dem zuerst die Deklaration des Autos abgewickelt wird. Bei allen ging das auch recht zügig, bis auf bei uns. Vielleicht lag es daran, dass es sich exakt um die Zollbeamtin handelte, die uns aus der anderen Reihe entfernt hatte, vielleicht war sie auch nur einfach nicht die Mitarbeiterin des Monats – auf jeden Fall wurde schon ein extra Schalter für die aufgemacht, die hinter mir warteten und Rüdiger musste schon aus der Reihe ausscheren, um den weiteren Verkehr nicht aufzuhalten… Als es soweit war, schwante mir schon Böses und ich erinnerte mich an unschöne Szenen beim Grenzübergang von Ost- nach West-Berlin im August 1989. Dann stellte sich aber doch raus, dass der Nobel-Hobel vor ein paar Tagen nach Russland eingereist ist, jetzt wieder raus möchte und alles seine Ordnung hat. Ich bin mir bis jetzt sicher, dass die Trulla vom Zoll nicht die Fahrgestellnummer, sondern die fortlaufende Nummer vom Kfz-Schein eingetippt hat.

Der anschließende Check unsere Reisepässe und die professionelle Durchsuchung des Nobel-Hobels (einmal die hinteren Türen und die Heckklappe auf, unmotiviert mit einer Taschenlampe reingeleuchtet – fertig) gingen dann umso schneller (vielleicht waren die Vorkommnisse zuvor den anderen Zoll-Kollegen doch peinlich). Also schnell noch durchs Niemandsland, rein nach Estland und wir sind wieder in der EU…

Da war doch was mit Schengen??? Richtig, Estland ist eine Außengrenze und die haben das wirklich ernst genommen. Unsere Geduld wurde also eine weitere Stunde auf die Probe gestellt, aber dann hatten wir es tatsächlich geschafft, die Grenze war passiert:

Der Rest der Strecke war dann recht harmlos. Kurz hinter der Grenze noch in einen Supermarkt, die Bestände an Lebensmitteln auffüllen (und eine Flasche leckeren Sauvignon Blanc gab es auch) und dann ab in Richtung Baltic States Party (das Auffinden der Location war dann auch die Tagesaufgabe, dank entsprechender Hinweise im Roadbook wieder gut auffindbar).

Gegen 15:30 Uhr und kurzen 296 Kilometern waren wir dann auf dem Gelände von Raudsilla, einer tollen Anlage mitten in der Natur. Das naturbelassene Gelände hatte mehr als ausreichend Platz für alle Teilnehmer und man sah alle SAC-Crews mal wieder auf einmal.

Schnell alles aufgebaut, dann kam ja auch schon das entscheidende letzte Spiel Deutschlands gegen Süd-Korea in der Vorrunde der FIFA-WM. Das Ergebnis ist hinreichend bekannt, die deutsche Nationalmannschaft konnte einen Tag später als wir aus Russland ausreisen. Während des Spiels gab es schon eine leckere Soljanka. Von den estnischen Volkstänzen haben wir tatsächlich nicht viel mitbekommen, eigentlich nur aus der Luft von der Drohne, bei der die Kamera leider nicht das fokussiert hat, was sie sollte, sondern irgendwas – doof das!

Nach dem Spiel ging es dann relativ schnell los mit leckerem Essen (Schweinefleisch, Grillgemüse und Kartoffel-Püree, total lecker gewürzt) und dem einen oder anderen Kaltgetränk. Die Saunen wurden eröffnet, man hat sich die ganze Zeit mit diversen Leuten unterhalten, die Stimmung war bei allen super (trotz der Fußball-Pleite) – und dann stellt man fest, dass es plötzlich dunkel ist – auch daran muss man sich erst einmal wieder gewöhnen.

Ins Bett bin ich dann irgendwann gegen ein Uhr (Rüdiger schon ein wenig früher), dem Lärm nach zu urteilen, waren einige nahezu durchgehend wach. Auch diese Party war wieder total klasse, die meisten Teilnehmer deutlich relaxter als auf den Lofoten – sprich, es war wieder ein absolut gelungener Tag!

26-06-2018 – Tag 11: Petrozavodsk (RUS) – St. Petersburg (RUS)

von: Thomas:

Statistik:
gefahrene Strecke: 444,5 km
Abfahrt: 10:00 Uhr
Ankunft: 15:30 Uhr
Fahrtzeit: 5:30 Std.

Kurze Erklärung, bevor es los geht. Mittlerweile haben wir den 15. Juli und sind schon seit 2 Wochen wieder zuhause. Das Vorhaben, nicht noch weitere Tage während der Runde in Rückstand zu geraten, hat nicht weiter geklappt (zum Eigentrost – als ich gegen Mitternacht in Lettland am bloggen war, kam ein anderes BSC-Team vorbei und einer der Beiden meinte „Du bloggst noch?“. Als ich das bejahte, meinte er nur „Mein letzter Eintrag war <<Wir sind in Norwegen angekommen>>“).


Die heutige Etappe sollte relativ entspannt sein. Für unsere Verhältnisse mal wieder von überschaubarer Länge (445 km) ohne besondere Herausforderungen – wenn man davon absieht, dass wir uns das erste Mal wieder in einen Großstadt-Verkehr wagen, und dazu in einen russischen!

Wir haben dann auch tatsächlich einigermaßen ausgeschlafen und sind gegen 10:00 Uhr aufgebrochen, nachdem wir uns im Hotel mit einem Frühstück gestärkt haben, dass das Wort Frühstück auch wieder verdiente. Der Kaffee war brauchbar und das Omelette wirklich lecker. Das, was sie uns allerdings als „Käse-Sandwich“ anboten, war schon etwas merkwürdig. Eine Scheibe ungetoastetes Weißbrot mit einer Scheibe geschmacksneutralem Käse und dazwischen nix – Irgendwie stelle ich mir ein Sandwich etwas anders vor…

Die erste Hürde war tatsächlich, aus Petrozavodsk wieder raus zu finden. Irgendwie haben an einer Stelle dem Schild mit der abknickenden Vorfahrt vertraut – und sind nach ein paar Kilometern exakt wieder dort gelandet, wo wir auf die Hauptstraße gekommen sind. Kann man ja nicht ahnen, dass der Weg zu einer der Haupt-Magistralen Russlands durch eine Nebenstraße führt. Das hatte allerdings den Vorteil, dass wir doch ein paar Aufnahmen aus dem Stadtbild machen konnten, für die es in der erste Runde zu schnell ging:

Ansonsten war die Fahrt recht entspannt. Es gab nicht allzu viel zu sehen, außer ein paar Bauwerken. Dass wir neben dem Onegasee, an dem Petrozavodsk  liegt, auch an dem Ladogasee vorbeigefahren sind und damit die beiden größten Seen Europas gestriffen haben, ist uns allerdings nicht wirklich aufgefallen. Auch das Wetter war wieder mit etwa 23-24 Grad sehr angenehm.  Allerdings macht sich bemerkbar, dass die Klimaautomatik ihren Dienst quittiert hat. Es scheint doch ein kleines Leck im System zu geben. Insgesamt lässt es sich aber an diesem und den folgenden Tagen gut ertragen.

So kamen wir am frühen Nachmittag in St. Petersburg an – und standen prompt im Stau. Durften wir die letzten paar Kilometer vor St. Petersburg noch die Autobahn nutzen (im Umkreis von 30 km um St. Petersburg laut Roadbook gestattet), haben wir uns die letzten 5 km in St. Petersburg bis etwa 150 Meter vor unserem Hostel durchgestaut. Trotzdem haben wir auf diese Etappe eine Durchschnittsgeschwindigkeit von knapp 90 km/h erreicht.

Unser Hostel bot uns dann doch eine ziemliche Überraschung. Gebucht hatte ich bei booking.com schon im Winter, da ich aufgrund der FIFA-WM auf Nummer sicher gehen wollte. Es sollten zwei Einzelzimmer in einem Hostel mit Gemeinschaftsbad sein. Es stellte sich heraus, dass das Hostel eine 4-Zimmer-Wohnung in der dritten Etage eines Altbaus war. Da alle 4 Zimmer vermietet waren, hat die Vermieterin auf dem Sofa in der Wohnküche (dem zentralen Raum der Wohnung) geschlafen. Die Zimmer waren schlicht, aber sauber, es gab zwei Bäder und sogar eine Nespresso-Maschine inkl. Kapseln. Dazu super zentral gelegen, trotzdem ruhig, das Hostel kann man sich merken…

Wir verspürten kräftigen Hunger, so dass wir erst einmal etwas Essbares brauchten. Das fanden wir in unmittelbarer Nähe in Form einer hervorragenden Burger-Bar mit leckerem Craft-Beer. Da die Bar in einer der Haupt-Einkaufsstraßen lag, gab es jede Menge zu sehen und wir beschlossen, kein Turbo-Sightseeing mehr zu veranstalten (mein Knie hat sich sehr über diesen Entschluss gefreut).

Noch kurz ein paar Rubel aus der Wand gezogen, an ein paar Souvenir-Fallen vorbeigelaufen, kurz ins Hostel, um sich frisch zu machen, um dann die Lösung der Tagesaufgabe in Angriff zu nehmen „Finde die ‚Dunes on Ligovsky‘, den einzigen Beach-Club St. Petersburg und flüstere einem Barkeeper das geheime Lösungswort ‚Russian Viking‘ ins Ohr“. Sicherheitshalber stand die vollständige Adresse des Beach-Clubs auch auf Kyrillisch im Roadboak, so dass auch der Taxifahrer sofort verstand, wo wir hinwollten. Insgesamt also eine durchaus lösbare Aufgabe…

Der Abend in dem Beach-Club war dann wirklich sehr nett. Jede Menge Benzingespräche mit anderen Teams, leckeres Bier, den zweiten Burger des Tages, coole Musik von einem wirklich guten DJ, der ausschließlich Vinyl spielte, einem Percussionisten, der den DJ dann irgendwann noch begleitete – insgesamt ein wirklich gelungener Abend. Auch wenn wir nicht wirklich viel von St. Petersburg gesehen haben (das wird irgendwann einmal nachgeholt), war das ein insgesamt sehr netter Tag!