Baltic Sea Circle 2019 – kurz und knackig

Ja – auch die zweite Runde war aufregend, lustig, voller neuer Eindrücke und brachte Erkenntnisse wie „wie lange kommt man nördlich des Polarkreises eigentlich fast ohne Schlaf aus?“. Das Ergebnis ist – es gibt vorerst keinen Reisetagebuch dazu… Dafür gibt es hier den Link zum Instagram Account vom #teamnobelhobel.

Und damit der Besuch nicht umsonst war, hier unser kleines Reisevideo – wir freuen uns über Kommentare…

Fazit – Nach der Rallye ist vor der Rallye

von: Thomas

Jetzt sind wir also seit über 3 1/2 Monaten wieder zuhause. Im Vorfeld habe ich unzählige Blogs von BSC-Teilnehmern gelesen, Videos gesehen und auch bei den Teilnehmern anderer SAC-Rallyes in deren Online-Beiträgen rumgestöbert. Ungefähr die Hälfte der Teilnehmer sagten sinngemäß „War toll, muss ich aber nicht noch einmal machen“. Die andere Hälfte ist anscheinend vom Rallye-Virus infiziert und plant (zumindest in Gedanken) bereits die nächste Tour.

Ich fürchte, Rüdiger und ich gehören zu der zweiten Gruppe. Bei Rüdiger wird es vermutlich ein oder zwei Jahre Pause bis zur nächsten Teilnahme geben, bei mir steht der nächste Start-Termin bereits fest: 15. Juni 2019, der Start des 9. BSC!

Neu am Start ist mein Neffe Simon, der sich bereits dieses Jahr intensiv mit der Rallye-Vorbereitung beschäftigt hat:

Zitat Simon vom 16.06.2018 um 13:22 Uhr: „Nächstes Jahr bin ich auch dabei. Bier hab ich schon 🙂

Wir haben dann auch den Frühbucher-Bonus genutzt, den Veteranen nutzen können. Dadurch konnten wir schon zu einem früheren Zeitpunkt unseren Platz sichern. Also heißt es auch 2019 wieder:

Startnummer 134: Team Nobel-Hobel

 

Unser Dank geht zuerst an unsere Familien, die nicht nur während der zwei Wochen auf uns verzichtet haben, sondern auch in der Vorbereitung jede Menge Geduld aufbrachten, um unser BSC-Gefasel zu ertragen.

Auch unser Freundeskreis hat sich sehr geduldig gezeigt, wenn wir uns wochenlang hauptsächlich dafür interessierten, welche Route wir fahren, ob der Dachträger stabil genug oder der Kühlschrank groß genug ist.

Noch einmal ganz lieben Dank an Günter, der maßgeblich dafür gesorgt hat, dass der Range Rover die gesamte Tour pannenfrei absolviert hat (das die Klima den Geist aufgegeben hat, zähle ich jetzt einmal nicht als Panne). Die Luftfederung funktioniert immer noch, wenn ich mir die Einträge in diversen RR-Foren ansehe, ist das schon wirklich bemerkenswert.

Und natürlich gilt unser Dank auch dem gesamten SAC-Team, das diese Rallye ins Leben gerufen hat und immer noch mit jeder Menge Herzblut durchführt. Die Parties auf den Lofoten und in Estland sind legendär und wir sind uns jetzt ziemlich sicher, dass Maschine uns liebt (genau, wie wir ihn 🙂 ).

Zu einem gegeben Zeitpunkt im Winter/Frühjahr 2019 wird der 2018er Reiseblog in das Archiv verschoben werden, um dem nächsten Abenteuer Platz zu machen, wenn es wieder heißt:

BSC 2019
THE NORTHERNMOST ADVENTURE RALLYE ON THE PLANET

 


Für uns als Erinnerung und für Teams, die sich auf „Ihren“ BSC vorbereiten, hier noch ein paar Zahlen:

Gesamt-km:  8.509,30 (inkl. 52 km Transfer von zuhause zum Fischmarkt und zurück)
Gesamte Fahrzeit: 137 Stunden 55 Minuten (inkl. Pausen etc.)
Fahrzeit / Tag: 8 Stunden 37 Minuten
Gesamte Schlafzeit: 97 Stunden 45 Minuten (ohne die Schlummerphasen im Auto
Schlafzeit / Nacht: 6 Stunden 31 Minuten

Gesamt-Verbrauch: 883,3 Liter Diesel (~ 10,4 Liter / 100 km)
Motoröl: 1 Liter
Scheibenwaschwasser: ~ 10 Liter
Sonstige Pannen: 0

Fährkosten D -> DK (inkl. Öresundbrücke): EUR 155,75 (war ein Flexi-Ticket)
Fährkosten Lofoten: EUR 70,20
Mautgebühren Norwegen (inkl. Atlantikstr.): EUR 57,95

Gelöste Tagesaufgaben: 13,5/16
Nicht genutzte Highway-Joker: 3/3
Tauschaufgabe: 2/10 (das ist definitiv verbesserungswürdig)
Wild Campen: 1/15 (muss nicht)
Photo-Competition: 2/20 (auch das geht besser)

Spendensumme: EUR 5.400,00 (darüber freuen wir uns sehr)

Spaßfaktor: 100/100

01-07-2018 – Tag 16: Szczecin (PL) – Hamburg

von: Thomas

Statistik:
gefahrene Strecke: 422,0 km
Abfahrt: 10:10 Uhr
Ankunft: 15:00 Uhr
Fahrtzeit: 4:50 Std.

Das ist sie jetzt also, die Schluss-Etappe. Das ist schon morgens beim Aufstehen irgendwie ein merkwürdiges Gefühl. Einerseits ist man froh und glücklich, dass man wieder nach Hause kommt, in einem richtigen Bett schläft, regelmäßig Mahlzeiten zu sich nimmt und nicht mehr einen Großteil der Tageszeit in einem alten Auto verbringt. Andererseits war es eine tolle Zeit mit unglaublich vielen Eindrücken, tollen Erlebnissen, lustigen Begebenheiten, coolen Parties und allem, was sonst noch einen BSC zu etwas Besonderem macht!

Die erste Entscheidung (also nach dem Aufstehen und Frühstücken), die an diesem letzten Tag ansteht, ist gleichzeitig auch die wichtigste Entscheidung. Am letzten Tag dürfen wir ja wieder die Autobahn benutzen, ohne Strafpunkte zu kassieren. Aber welche nehmen wir? Die A11, den Berliner Ring und die A24 oder die Ostsee-Autobahn A20 und ab Lübeck die A1???

Eigentlich bin ich ja eher der Freund der Ostsee-Autobahn. In der Regel deutlich weniger Verkehr, so gut wie nie ernsthafte Baustellen, also insgesamt deutlich stressfreier. Ich bin ja häufiger in Szczecin und habe auf dieser Strecke fast nie Probleme gehabt. Wenn es nicht bei Tribsees den Grundbruch gegeben hätte, der dafür gesorgt hat, dass die Autobahn in der Versenkung verschwunden ist:

Da kommen wir auch mit dem Range Rover nicht durch

Also fiel die Entscheidung doch für die Strecke an Berlin vorbei – und es war goldrichtig! Außer ein paar Radar- und Abstandskontrollen sowie einem Stau bei Ludwigslust, der uns etwa etwa eine halbe Stunde gekostet hat, konnten wir recht gelassen nach Hamburg reinrollen. Nicht einmal der Halbmarathon, der gleichzeitig in Hamburg stattfand, konnte uns aufhalten und so rollten wir ziemlich genau gegen 15:00 Uhr am Fischmarkt über die Ziellinie!

Geschafft!!!

Wir wurden auch gleich von Freunden und Familie begrüßt, was uns auch wirklich freute. Trotzdem war die Stimmung am Ziel etwas merkwürdig. Viele sind gar nicht erst zum Ziel gefahren, sondern von ihrem letzten Etappenziel direkt nach Hause aufgebrochen. Einige mussten gleich mehrfach über die Ziellinie rollen. Ob das jetzt daran lag, dass ihnen ansonsten nicht genug Aufmerksamkeit gewidmet wurde oder die Videos sonst nicht aus allen Blickwinkel gedreht werden konnten, kann ich beim besten Willen nicht sagen. Wir haben dann auch nur noch darauf gewartet, dass unser Roadbook ausgewertet wurde und haben gegen 17:15 Uhr das Gelände verlassen. Rüdiger musste am nächsten Tag auch wieder um 7:00 Uhr arbeiten.

So haben wir erst über die WhattsApp-Gruppe erfahren, welches Team gewonnen hat. Respekt, die Punkteanzahl konnte sich wirklich sehen lassen!!!

30-06-2018 – Tag 15: Olsztyn (PL) – Szczecin (PL)

von: Thomas

Statistik:
gefahrene Strecke: 478,0 km
Abfahrt: 10:30 Uhr
Ankunft: 17:45 Uhr
Fahrtzeit: 7:15 Std.

Der Tag fing ungewöhnlich an. Gegen 8:30 Uhr sind wir aufgestanden und haben ausgiebig geduscht. Dann noch schnell die Nespresso-Maschine in das Apartment geholt und unsere Thermo-Becher befüllt, dann ging es auch schon auf direktem Weg los, unsere Tagesaufgabe zu erledigen. Nach knapp 1,5 Kilometern hatten wir das entsprechende Ziel erreicht, ein kleines Einkaufszentrum, da wir als Aufgabe diverse Fotos ausdrucken mussten, um unser Roadbook mit ebendiesen zu schmücken.

Die Zufahrt zu dem Parkplatz von dem Einkaufszentrum haben wir nicht gefunden, aber wozu haben wir einen Geländewagen? Die zwei oder drei Stufen vom Straßenniveau runter auf den Parkplatz waren vermutlich die größte „Offroad“-Herausforderung, die der Range Rover in den zwei Wochen leisten musste :-).

Also rein ins EKZ und zu dem Rossmann, den wir schon am Vorabend beim Vorbeifahren erblickt hatten, aber wieso gibt es in polnischen Rossmann-Filialen keine Foto-Drucker? Damit hatten wir nun wirklich nicht gerechnet!!! Egal, im Untergeschoss gab es einen Fotoladen, in dem wir die Bilder ausdrucken und Foto-Kleber erwerben konnten. Damit hatten wir auch die vorletzte Tagesaufgabe gemeistert und gegen 10:30 Uhr machten wir uns dann tatsächlich auf den Weg in Richtung Szczecin (Stettin). Den Parkplatz haben wir allerdings nicht über die Treppe verlassen, sondern ganz regulär über die Ausfahrt…

Nach etwas über 80 km bogen wir auf einen Parkplatz, um eine Pause zu machen und ein spätes Frühstück einzuwerfen. Der Parkplatz lag direkt an einem Kanal, der von der Größe her noch ein wenig kleiner als der Elbe-Lübeck-Kanal war. Ein Blick nach links zeigte dann aber ein ganz besonderes Bauwerk – einen Schrägfahrstuhl für Schiffe. Erstaunlich, was so vor über 140 Jahren fertiggestellt wurde. Über fünf solcher Bauwerke überwinden die Schiffe knapp 100 Meter Höhenunterschied innerhalb einer Kanallänge von  knapp 10 Kilometern. Die Alternative wären 32 herkömmliche Schleusen gewesen…

Über kleinere Straßen mit mehr als zweifelhafter Qualität ging es weiter in Richtung Westen. Die Störche links und rechts nahm man irgendwann nicht mehr wirklich wahr.

In Malbork (Marienburg) machten wir noch einen kurzen Abstecher, um die Marienburg von der anderen Seite des Flusses Nogat zu fotografieren. Die Bau der Marienburg begann vor über 750 Jahren und sie ist der größte Backsteinbau Europas mit einer langen und wechselvollen Geschichte.

Kurze Zeit später fuhren wir in Starogard Gdanski noch an einer Wodka-Destillerie vorbei, die eine interessante Mischung aus Industriebauten aus dem 19. Jahrhundert und modernen Anlagen darstellt.

Am späten Nachmittag erreichten wir dann unser letztes Übernachtungsziel, den Campingplatz von Szczecin, der zu der Marina am Ende der Dąbie gehört. Ich war zwar schon oft in Szczecin, aber dieser Flecken war mir bislang auch nicht bekannt. Toll gelegen und bei schönem Wetter haben wir dann ein letztes Mal den Grill angeworfen und uns einen entspannten Abend gemacht. Im Laufe der Zeit trudelten immer mehr Rallye-Teilnehmer ein. Wir haben den Abend noch das eine oder andere Bier zusammen mit den „Turboschnecken“ Anja und Heike (Team # 88) auf der Terrasse des Marina-Restaurants getrunken, bevor wir uns auf die Feldbetten begaben.

29-06-2018 – Tag 14: Tūja (LVA) – Olsztyn (PL)

von: Thomas

Statistik:
gefahrene Strecke: 710,5 km
Abfahrt: 9:00 Uhr
Ankunft: 21:00 Uhr
Fahrtzeit: 12:00 Std.

Freitag, die drittletzte Etappe der Rallye. Heute ist mal wieder deutlich mehr Strecke angesagt und die Ziele der Teilnehmer gehen wieder etwas auseinander. Während ein Teil sich ein zweites Mal der Einreise-Prozedur nach Russland (bzw. der Exklave Kaliningrad) unterzieht, machen wir einen Schlenker und fahren durch Masuren in Richtung Tagesziel nach Olsztyn in Polen.

Wir stehen mal wieder etwas zeitig auf und frühstücken in Ruhe. Um 9:00 Uhr sind wir schon wieder unterwegs und erreichen sehr schnell Riga, die Hauptstadt von Lettland. Keine Ahnung, ob es daran lag, dass es ein ziemlich grauer Tag war oder weil uns Tallinn so beeindruckt hat – Riga hat uns dann doch eher enttäuscht. Die Altstadt ist zwar auch ganz nett anzusehen, aber im Vergleich zu Tallinn sehr klein. Vielleicht haben wir aber auch die „richtige“ Altstadt nur einfach nicht gefunden :-).

Eineinhalb Stunden später waren wir schon wieder auf dem Weg raus aus Lettland, rein nach Litauen. In Litauen ist unser nächstes Ziel auch die heutige Tagesaufgabe, der Berg der Kreuze. Dort sollen wir ein selbst hergestelltes Kreuz aufstellen (und keines aus den Souvenir-Shops) und uns etwas wünschen (was natürlich dann auch erfüllt wird).

Die Geschichte des Bergs der Kreuze ist wirklich beeindruckend, angefangen als Wallfahrtsort, später dann immer wieder ein Ort, an dem durch das Aufstellen von Kreuzen gegen die russische Obrigkeit und später gegen die kommunistische Herrschaft der Sowjets in Litauen protestiert wird. Mehrfach wurden die Kreuze durch das kommunistische Regime zerstört, mit Bulldozern plattgewalzt oder verbrannt (1961, 1973, 1974 und 1975). Egal, meist standen schon am Tag nach solchen Zerstörungsaktionen schon wieder die ersten Kreuze. 1990 gab es wohl schon ca. 40.000 Kreuze auf dem Hügel. Ein Jahr später haben Studenten angefangen, die Kreuze zu zählen, bei 50.000 Stück aber aufgegeben.

25 Jahre nach dem Papst waren wir also dann auch da und haben unser deutlich kleineres Kreuz aufgestellt, als damals der Papst. Und wenn der Berg der Kreuze heute doch eher eine Sehenswürdigkeit als ein heiliger Ort für Katholiken ist, war es eine geradezu mystische Stimmung, die dieser Berg ausstrahlt.

Von dort ging es weiter an Kaunas vorbei, aus Zeitgründen haben wir uns die Stadt nicht weiter angesehen. Die vorletzte Grenze zwischen Litauen und Polen haben wir im wahrsten Sinne des Wortes im Vorbeifahren abgehakt, unser Weg in Richtung Olsztyn war noch recht weit. Die Fahrt durch Masuren war eigentlich sehr schön, aber ein wenig war auch die Luft raus und wir waren beide froh, als wir an unserem heutigen Ziel ankamen…

Aber das Wetter sah nicht sehr gut aus, es war ziemlich windig und die Campingplätze von Olsztyn von zweifelhafter Qualität. Kurzerhand haben wir über booking.com noch ein Apartment für etwas über 30 EUR gebucht. Nachdem wir etwas über eine Stunde auf unsere Vermieterin gewartet haben, kam sie dann endlich. Ehrlich gesagt wirkte sie auf uns so, dass wir uns fragten, ob das Apartment ansonsten stundenweise vermietet wird. Das Gebäude und die Einrichtung hatte zwar die besten Tage ganz eindeutig schon längere Zeit hinter sich, aber es war sauber und soweit ok.

Kurz nach 22:00 Uhr waren wir dann noch in einer Sports-Bar, da diese eine der letzten Möglichkeiten bot, noch etwas in den Magen zu bekommen. Bis wir dann im Bett waren, war es zwar schon wieder nach Mitternacht, aber geschlafen haben wir dann doch recht gut und erholsam.

 

28-06-2018 – Tag 13: Raudsilla (EST) – Tūja (LVA)

von: Thomas

Statistik:
gefahrene Strecke: 339,7 km
Abfahrt: 9:30 Uhr
Ankunft: 15:30 Uhr
Fahrtzeit: 6:00 Std.


…und plötzlich ist es Oktober… Das war natürlich nicht geplant, dass es über drei Monate dauert, bis ich den Blog fertigstelle. Aber wie es denn manchmal so ist 🙂


Trotz der netten Party sind wir gegen 08:30 Uhr aufgewacht. Die erste positive Überraschung – statt Katzenwäsche gab es tatsächlich noch die Chance, eine warme Dusche zu ergattern, die wir natürlich prompt wahrnahmen.

Kurze Zeit später waren wir schon wieder auf der Straße, um uns unserem ersten Etappenziel zu nähern – Tallinn, die Hauptstadt von Estland, wo wir gegen 10:30 Uhr eintrafen und nach einem ersten Stadtbummel durch die wunderschöne Altstadt erst einmal gemütlich frühstückten. Leider war die Zeit zu kurz, um sich die gesamte Altstadt anzusehen, aber eins ist sicher – Tallinn lohnt sich auf jeden Fall für eine Städtereise!

Von Tallinn ging es dann weiter zu der heutigen Tagesaufgabe „…finde ein ehemaliges Gefängnis und Arbeitslager, was heute in Estland als Strandbad sehr populär ist“. Ok, das war nicht sonderlich schwer, ist Rummu doch ein Standard-Ziel beim BSC. Aber dieses Ziel ist absolut lohnenswert und einerseits wirklich schön, andererseits aber auch ganz schön beklemmend, wenn man sich vorstellt, wie es vor 30 Jahren dort ausgesehen hat.

Wir waren anscheinend noch zu einem recht frühen Zeitpunkt in Rummu, der Parkplatz war noch nicht allzu voll von Rallye-Teilnehmern. Bei der Einfahrt teilte uns die Frau am Eingang mit, dass sie nicht immer da sei. So konnten wir dann etwas länger warten, als wir das Gelände wieder verlassen wollten (draußen standen dann auch schon diverse andere Teilnehmer und warteten). Ein kurzer Anruf bei der Nummer, die am Ausgang stand, erlöste uns dann. Diesen Service hätten sich die unfreiwilligen Bewohner vor 1990 sicher auch gewünscht.

Von Rummu ging es dann recht unspektakulär und entspannt weiter nach Lettland, wo dann auch unsere Tagesetappe in Tūja am Rigaischen Meerbusen endete. Dort fanden wir einen schön gelegenen Campingplatz, auf dem wir gegen 15:30 Uhr (also ziemlich früh) ankamen.

Genug Zeit also, um in aller Ruhe aufzubauen, den Grill anzuschmeißen und zu bloggen. Als besonderes Tages-Extra bekamen wir dann noch einen ziemlich kitschigen Sonnenuntergang zu sehen (ich glaube, das war der erste sichtbare Sonnenuntergang, den wir seit der Fährüberfahrt von Fehmarn nach Dänemark gesehen haben).

27-06-2018 – Tag 12: St. Petersburg (RUS) – Raudsilla (EST)

von Thomas:

Statistik:
gefahrene Strecke: 295,6 km
Abfahrt: 9:30 Uhr
Ankunft: 15:30 Uhr
Fahrtzeit: 6:00 Std.

Nachdem wir in aller Ruhe geduscht und die Thermobecher mit Kaffee befüllt hatten, ging es auch schon los. Es war auch schon wieder 9:30 Uhr, allerdings ohne Frühstück, die Zeit wollten wir uns sparen (wir haben dann unterwegs an einer „Raststätte“ angehalten, über die angebotenen Speisen und den völlig versüßten Kaffee schweigen wir lieber).

Die Fahrt raus aus St. Petersburg ging relativ gut. Auf der Landstraße in Richtung Estland sahen wir relativ regelmäßig andere BSC-Teilnehmer. Also übliches Spiel, freundliches Hupen und Grüßen beim Überholen und weiter geht die Fahrt in der Hoffnung, dass die Überholmanöver uns einen zeitlichen Vorsprung an der Grenze bescheren.

Dieser Optimismus blieb, bis plötzlich kurz nach dem Ortseingang von Iwangorod alles stoppt, der Stau an der russisch-estnischen Grenze begann. Wir kommen ungefähr 100 Meter vor einem Kreisverkehr zu stehen, der viele Fahrer mit russischen oder estnischen Kennzeichen veranlasst, rechts an allen vorbei zu drängeln, um Wartezeit zu sparen. Wir haben uns aber noch relativ gut behaupten können.

Nachdem wir die Vorselektion passiert hatten, fanden wir uns tatsächlich an dem russischen Grenzübergang wieder – vier Spuren, dreimal „Goods to declare“, einmal „Nothing to declare“. Da die Schlange auf der „Nothing to declare“-Spur mit Abstand die kürzeste war (und wir ja auch nix deklarieren wollten – ein Fehler, wie sich rausstellt), haben wir uns also dort angestellt. Ein paar Minuten später kommt eine russische Zollbeamtin und erklärt uns auf russisch, dass wir dort nichts zu suchen hätten (oder sie hat uns die Lottozahlen vom letzten Wochenende auf russisch verraten). Ihre Zeichen waren aber eindeutig 🙂

Also wieder in eine der anderen drei Spuren zurück (mittlerweile eine reine BSC-Spur), dort fiel uns dann auch auf, dass wir natürlich für den Nobel-Hobel eine Zoll-Deklaration hatten, wir wären also wirklich falsch gewesen…

Als wir dann an der Reihe waren, ging ich schon mal zu dem Schalter, an dem zuerst die Deklaration des Autos abgewickelt wird. Bei allen ging das auch recht zügig, bis auf bei uns. Vielleicht lag es daran, dass es sich exakt um die Zollbeamtin handelte, die uns aus der anderen Reihe entfernt hatte, vielleicht war sie auch nur einfach nicht die Mitarbeiterin des Monats – auf jeden Fall wurde schon ein extra Schalter für die aufgemacht, die hinter mir warteten und Rüdiger musste schon aus der Reihe ausscheren, um den weiteren Verkehr nicht aufzuhalten… Als es soweit war, schwante mir schon Böses und ich erinnerte mich an unschöne Szenen beim Grenzübergang von Ost- nach West-Berlin im August 1989. Dann stellte sich aber doch raus, dass der Nobel-Hobel vor ein paar Tagen nach Russland eingereist ist, jetzt wieder raus möchte und alles seine Ordnung hat. Ich bin mir bis jetzt sicher, dass die Trulla vom Zoll nicht die Fahrgestellnummer, sondern die fortlaufende Nummer vom Kfz-Schein eingetippt hat.

Der anschließende Check unsere Reisepässe und die professionelle Durchsuchung des Nobel-Hobels (einmal die hinteren Türen und die Heckklappe auf, unmotiviert mit einer Taschenlampe reingeleuchtet – fertig) gingen dann umso schneller (vielleicht waren die Vorkommnisse zuvor den anderen Zoll-Kollegen doch peinlich). Also schnell noch durchs Niemandsland, rein nach Estland und wir sind wieder in der EU…

Da war doch was mit Schengen??? Richtig, Estland ist eine Außengrenze und die haben das wirklich ernst genommen. Unsere Geduld wurde also eine weitere Stunde auf die Probe gestellt, aber dann hatten wir es tatsächlich geschafft, die Grenze war passiert:

Der Rest der Strecke war dann recht harmlos. Kurz hinter der Grenze noch in einen Supermarkt, die Bestände an Lebensmitteln auffüllen (und eine Flasche leckeren Sauvignon Blanc gab es auch) und dann ab in Richtung Baltic States Party (das Auffinden der Location war dann auch die Tagesaufgabe, dank entsprechender Hinweise im Roadbook wieder gut auffindbar).

Gegen 15:30 Uhr und kurzen 296 Kilometern waren wir dann auf dem Gelände von Raudsilla, einer tollen Anlage mitten in der Natur. Das naturbelassene Gelände hatte mehr als ausreichend Platz für alle Teilnehmer und man sah alle SAC-Crews mal wieder auf einmal.

Schnell alles aufgebaut, dann kam ja auch schon das entscheidende letzte Spiel Deutschlands gegen Süd-Korea in der Vorrunde der FIFA-WM. Das Ergebnis ist hinreichend bekannt, die deutsche Nationalmannschaft konnte einen Tag später als wir aus Russland ausreisen. Während des Spiels gab es schon eine leckere Soljanka. Von den estnischen Volkstänzen haben wir tatsächlich nicht viel mitbekommen, eigentlich nur aus der Luft von der Drohne, bei der die Kamera leider nicht das fokussiert hat, was sie sollte, sondern irgendwas – doof das!

Nach dem Spiel ging es dann relativ schnell los mit leckerem Essen (Schweinefleisch, Grillgemüse und Kartoffel-Püree, total lecker gewürzt) und dem einen oder anderen Kaltgetränk. Die Saunen wurden eröffnet, man hat sich die ganze Zeit mit diversen Leuten unterhalten, die Stimmung war bei allen super (trotz der Fußball-Pleite) – und dann stellt man fest, dass es plötzlich dunkel ist – auch daran muss man sich erst einmal wieder gewöhnen.

Ins Bett bin ich dann irgendwann gegen ein Uhr (Rüdiger schon ein wenig früher), dem Lärm nach zu urteilen, waren einige nahezu durchgehend wach. Auch diese Party war wieder total klasse, die meisten Teilnehmer deutlich relaxter als auf den Lofoten – sprich, es war wieder ein absolut gelungener Tag!

26-06-2018 – Tag 11: Petrozavodsk (RUS) – St. Petersburg (RUS)

von: Thomas:

Statistik:
gefahrene Strecke: 444,5 km
Abfahrt: 10:00 Uhr
Ankunft: 15:30 Uhr
Fahrtzeit: 5:30 Std.

Kurze Erklärung, bevor es los geht. Mittlerweile haben wir den 15. Juli und sind schon seit 2 Wochen wieder zuhause. Das Vorhaben, nicht noch weitere Tage während der Runde in Rückstand zu geraten, hat nicht weiter geklappt (zum Eigentrost – als ich gegen Mitternacht in Lettland am bloggen war, kam ein anderes BSC-Team vorbei und einer der Beiden meinte „Du bloggst noch?“. Als ich das bejahte, meinte er nur „Mein letzter Eintrag war <<Wir sind in Norwegen angekommen>>“).


Die heutige Etappe sollte relativ entspannt sein. Für unsere Verhältnisse mal wieder von überschaubarer Länge (445 km) ohne besondere Herausforderungen – wenn man davon absieht, dass wir uns das erste Mal wieder in einen Großstadt-Verkehr wagen, und dazu in einen russischen!

Wir haben dann auch tatsächlich einigermaßen ausgeschlafen und sind gegen 10:00 Uhr aufgebrochen, nachdem wir uns im Hotel mit einem Frühstück gestärkt haben, dass das Wort Frühstück auch wieder verdiente. Der Kaffee war brauchbar und das Omelette wirklich lecker. Das, was sie uns allerdings als „Käse-Sandwich“ anboten, war schon etwas merkwürdig. Eine Scheibe ungetoastetes Weißbrot mit einer Scheibe geschmacksneutralem Käse und dazwischen nix – Irgendwie stelle ich mir ein Sandwich etwas anders vor…

Die erste Hürde war tatsächlich, aus Petrozavodsk wieder raus zu finden. Irgendwie haben an einer Stelle dem Schild mit der abknickenden Vorfahrt vertraut – und sind nach ein paar Kilometern exakt wieder dort gelandet, wo wir auf die Hauptstraße gekommen sind. Kann man ja nicht ahnen, dass der Weg zu einer der Haupt-Magistralen Russlands durch eine Nebenstraße führt. Das hatte allerdings den Vorteil, dass wir doch ein paar Aufnahmen aus dem Stadtbild machen konnten, für die es in der erste Runde zu schnell ging:

Ansonsten war die Fahrt recht entspannt. Es gab nicht allzu viel zu sehen, außer ein paar Bauwerken. Dass wir neben dem Onegasee, an dem Petrozavodsk  liegt, auch an dem Ladogasee vorbeigefahren sind und damit die beiden größten Seen Europas gestriffen haben, ist uns allerdings nicht wirklich aufgefallen. Auch das Wetter war wieder mit etwa 23-24 Grad sehr angenehm.  Allerdings macht sich bemerkbar, dass die Klimaautomatik ihren Dienst quittiert hat. Es scheint doch ein kleines Leck im System zu geben. Insgesamt lässt es sich aber an diesem und den folgenden Tagen gut ertragen.

So kamen wir am frühen Nachmittag in St. Petersburg an – und standen prompt im Stau. Durften wir die letzten paar Kilometer vor St. Petersburg noch die Autobahn nutzen (im Umkreis von 30 km um St. Petersburg laut Roadbook gestattet), haben wir uns die letzten 5 km in St. Petersburg bis etwa 150 Meter vor unserem Hostel durchgestaut. Trotzdem haben wir auf diese Etappe eine Durchschnittsgeschwindigkeit von knapp 90 km/h erreicht.

Unser Hostel bot uns dann doch eine ziemliche Überraschung. Gebucht hatte ich bei booking.com schon im Winter, da ich aufgrund der FIFA-WM auf Nummer sicher gehen wollte. Es sollten zwei Einzelzimmer in einem Hostel mit Gemeinschaftsbad sein. Es stellte sich heraus, dass das Hostel eine 4-Zimmer-Wohnung in der dritten Etage eines Altbaus war. Da alle 4 Zimmer vermietet waren, hat die Vermieterin auf dem Sofa in der Wohnküche (dem zentralen Raum der Wohnung) geschlafen. Die Zimmer waren schlicht, aber sauber, es gab zwei Bäder und sogar eine Nespresso-Maschine inkl. Kapseln. Dazu super zentral gelegen, trotzdem ruhig, das Hostel kann man sich merken…

Wir verspürten kräftigen Hunger, so dass wir erst einmal etwas Essbares brauchten. Das fanden wir in unmittelbarer Nähe in Form einer hervorragenden Burger-Bar mit leckerem Craft-Beer. Da die Bar in einer der Haupt-Einkaufsstraßen lag, gab es jede Menge zu sehen und wir beschlossen, kein Turbo-Sightseeing mehr zu veranstalten (mein Knie hat sich sehr über diesen Entschluss gefreut).

Noch kurz ein paar Rubel aus der Wand gezogen, an ein paar Souvenir-Fallen vorbeigelaufen, kurz ins Hostel, um sich frisch zu machen, um dann die Lösung der Tagesaufgabe in Angriff zu nehmen „Finde die ‚Dunes on Ligovsky‘, den einzigen Beach-Club St. Petersburg und flüstere einem Barkeeper das geheime Lösungswort ‚Russian Viking‘ ins Ohr“. Sicherheitshalber stand die vollständige Adresse des Beach-Clubs auch auf Kyrillisch im Roadboak, so dass auch der Taxifahrer sofort verstand, wo wir hinwollten. Insgesamt also eine durchaus lösbare Aufgabe…

Der Abend in dem Beach-Club war dann wirklich sehr nett. Jede Menge Benzingespräche mit anderen Teams, leckeres Bier, den zweiten Burger des Tages, coole Musik von einem wirklich guten DJ, der ausschließlich Vinyl spielte, einem Percussionisten, der den DJ dann irgendwann noch begleitete – insgesamt ein wirklich gelungener Abend. Auch wenn wir nicht wirklich viel von St. Petersburg gesehen haben (das wird irgendwann einmal nachgeholt), war das ein insgesamt sehr netter Tag!

25-06-2018 – Tag 10: Murmansk (RUS) – Petrozavodsk (RUS)

von: Thomas

Statistik:
gefahrene Strecke: 1.065,4 km
Abfahrt: 8:30 Uhr
Ankunft: 21:30 Uhr
Fahrtzeit: 13:00 Std.

Der Tag wurde von uns mit gemischten Gefühlen erwartet. Über 900 km auf Russlands Landstraßen (dachten wir) und laut Schilderungen aus den letzten Jahren recht eintönig überwiegend geradeaus durch Birkenwälder. Wirklich keine besonders spannende Etappe…

Doch es kam etwas anders. Das begann schon beim Frühstück… Ich habe schon wirklich viele Frühstücke (ist das wirklich der Plural???) in verschiedensten Hotels genossen. Das in Murmansk ist aber sicherlich unter den Top5 der schlechtesten in meiner Hitliste wiederzufinden… Das Hotel war in Ordnung, die Zimmer auch, aber das Frühstück? Ein äußerst karger Raum, eine muffige „Köchin“, die mir neben Haferschleim, der vor sich hinköchelte noch irgendwelche Klopse anbot… Das Buffet bestand neben russischem Nescafe aus Faden Weißbrotscheiben und dicken aber dafür geschmacksneutralen Käsescheiben… Zu den zwei Klopsen kamen dann kalte Nudeln, die vor Urzeiten mal mit Käse überbacken waren – und Mais aus der Dose. Dazu lief irgendeine amerikanische Serie vermutlich aus den 80ern, die einen noch mehr verwirrte, da sämtliche Schauspieler von einer männlichen und einer weiblichen Stimme gedolmetscht wurden…

So dermaßen gestärkt machten wir uns auf den Weg. Aus Murmansk den Weg zu finden, war zum Glück nicht sehr kompliziert, da das Ziel St. Petersburg schon überall ausgeschildert war (ansonsten ist in Russland die Beschilderung mehr als spärlich…

Die positive Überraschung war, dass die Straße in einem weitaus besseren Zustand war, als erwartet. Die nächste Überraschung war die „normale“ Reisegeschwindigkeit. Wir glauben bis jetzt, dass eigentlich 90 km/h erlaubt sind. Interessieren tut dieses niemand! Laut Nachrichten in der Whats-App-Gruppe ist man eher verdächtig, betrunken zu sein, wenn man sich an Beschränkungen hält. Und ein Team wurde mit 120 km/h erwischt und musste 250 Rubel Strafe zahlen, also etwa 3,30 EUR 🙂

So spulten wir also Kilometer ab, die gar nicht so langweilige Landschaft zog an uns vorbei und wir überholten, wie ich es zuletzt in den 80ern auf dem Autoput auf dem Weg durch Jugoslawien gemacht habe…

Irgendwann war es soweit und wir mussten tanken. Noch ungefähr 100 km Rest-Reichweite im Tank, die nächste Tankstelle vor uns – und die war geschlossen! Laut russischer Straßenkarte sollte es noch eine im benachbarten Dorf geben, das entpuppte sich als Fehlinformation! Jetzt gab es noch zwei Möglichkeiten, entweder sind wir totale Optimisten und machen uns auf den Weg zur nächsten Tanke (ungefähr 155 Kilometer weiter und damit eigentlich unerreichbar) oder wir drehen um und fahren gute 50 Kilometer zurück. Wir entschieden uns zur zweiten Variante und erreichten dieses malerische Dorf:

Die Tankstelle entsprach in etwa dem Dorfbild und gehörte eindeutig in die Kategorie „Hier solltest Du niemals tanken, wer weiß, was da in Deinen Tank fließt!“… Erst einmal bestand das größere Problem darin, dass an der Preistafel für Diesel der Preis 0,00 Rubel stand, ein eindeutiges Indiz dafür, dass Diesel gerade aus ist (das scheint in Russland bei Diesel häufiger zu sein, als bei Benzin, noch eine Fehleinschätzung unsererseits). Kurz mit der Dame in Ihrer Tankstellen-Butze mit Händen und Füßen palavert und wir bekamen 20 Liter zugesprochen. Wir haben keine Ahnung, ob wir vielleicht auch mehr bekommen hätten, aber mit den verbliebenen Litern und dem neuen Schatz machten wir uns wieder auf den Weg zu der jetzt gut 200 Kilometer entfernt gelegenen Tankstelle. Dort gab es aber wieder Diesel ohne Rationierung und weiter ging die wilde Fahrt. Übrigens haben auch Russen das Problem. 50 Kilometer vor der rettenden Tankstelle stand ein Fahrer und winkte mit seinem Kanister. Er fragte uns noch, ob wir ihn bis zur Tanke mitnehmen könnten, was wir aus Platzgründen verneinen mussten. Aber wir sind guter Hoffnung, dass er mittlerweile das Problem gelöst hat 🙂

Etwa 18 Kilometer hinter dem Tankstopp bremste ein russischer Pkw dann vor uns ab, machte sein Warnblinker an, um dann wieder genauso abrupt weiterzufahren, als wir uns näherten.  Ehe wir uns vollends über das Verhalten wunderten, sah Rüdiger den Grund am rechten Straßenrand – einen Braunbären! Vielen Dank an den unbekannten russischen Fahrer, der uns dieses Highlight bescherte, ohne ihn hätten wir den Bären garantiert übersehen (genauso wie die 258 Elche, die wir nicht gesehen haben).

Natürlich waren wir an dem Bären schon vorbei gefahren, also Rückwärtsgang rein und wieder auf seine Höhe gerollt. Der Bär hatte auf jeden Fall jede Menge Geduld mit uns und wir hatten ausreichend Zeit, ihn zu bewundern. Dafür sollte es eigentlich extra Punkte im Roadbook geben!!!

Der Rest der Strecke war dagegen relativ normal und wir erreichten gegen 21:30 Uhr unser Hotel in Petrozavodsk. Während unseres Check-Ins tauchte ein zweites BSC-Team auf, dass auch im Hotel übernachten wollte. Wir beschlossen dann, zusammen noch eine Kleinigkeit zu essen, was sich als komplizierter herausstellte, als wir dachten, da die meisten Restaurants schon geschlossen hatten oder aufgrund von Abi-Feiern Geschlossene Gesellschaften verköstigten. Die Rezeptionistin (die mal Hochschullehrerin für Deutsch und Englisch war) hat dann aber noch telefoniert und in einem Hotel in der Nähe konnten wir dann im 11. Stock speisen. Das Essen war lecker, aber recht überschaubar, dafür entschädigte der Blick und uns wurde klar, dass wir die Breitengrade mit Mitternachtssonne hinter uns gelassen haben.

Alles in Allem ein deutlich spannender Tag, als wir erwartet hatten, der Weg über Russland hat sich auf jeden Fall gelohnt!

P.S.: Unschwer zu erkennen, wir hängen mit dem Blog konstant hinterher. Mittlerweile sind wir in Lettland, aber es ist schon wieder nach Mitternacht. Das Vorhaben, immer tagesaktuell zu sein, ist hiermit offiziell gescheitert… Aber das ist keine Aufgabe. Die Eindrücke der letzten 13 Tage sind aber so gewaltig und die Abende oft zu lang. Spätestens nach der Rückkehr wird der verbleibende Rest aufgefüllt. Bis dahin geben wir unser Bestes, die Differenz zumindest nicht größer werden zu lassen…

24-06-2018 – Tag 9: Ivalo (FIN) – Murmansk (RUS)

von: Thomas

Statistik:
gefahrene Strecke: 313,6 km
Abfahrt: 9:30 Uhr
Ankunft: 16:30 Uhr
Fahrtzeit: 7:00 Std.

Das versprach, ein spannender Tag zu werden. Nicht aufgrund der Fahrstrecke oder der Landschaft, sondern aufgrund der Überquerung der russischen Grenze. Für uns beide ist dies eine Premiere (wie für fast alle anderen Teams auch). Keine Ahnung, ob es daran liegt, aber es ist doch ein beträchtlicher Teil in Richtung Alternativstrecke durch Finnland abgebogen. Aber jetzt hatten wir die Visa, jetzt wollten wir die auch benutzen! Außerdem waren wir extrem neugierig auf die Strecke und Russland an sich…

Wir hatten einigermaßen ausgeschlafen und machten uns gegen 9:30 Uhr auf den Weg. Nach siebzig Kilometern kamen wir am finnischen Grenzposten an. Keiner vor uns, keiner hinter uns. Als wir am Fenster des Zollbeamten auftauchten, begrüßte er uns mit den Worten „Aah – Team Nobel-Hobel!“… Woher weiß er das??? Ein Blick auf seinen Monitor sprach Bände… Dort sah man nicht irgendeine Grenzübergangs-Bewachungs-Software, sondern die Seite vom Super-Adventure-Club, auf der er kurzerhand unsere Nummer 134 eingegeben hatte. Es scheint so, als ob die BSCs für die finnischen Zöllner eine nette Abwechslung sind… Nachdem dem beiderseitigen Gelächter wurden die Papiere auf Vollständigkeit überprüft und der Schlagbaum öffnete sich:

Ein paar hundert Meter weiter wurde es ernst, der russische Grenzübergang war vor uns. Die erste gute Nachricht – viel los war nicht… Naja, wer will schon Sonntagmorgens nach Russland einreisen, außer ein paar Bekloppten, die partout die ganze Ostsee im Uhrzeigersinn umkreisen wollen. Die Frühaufsteher waren ja auch schon durch. Also durften wir den Nobel-Hobel abstellen und wurden in die Aufnahme begleitet. Die Pässe wurden wiederholt kontrolliert, dann durften wir den Einreiseantrag ausfüllen (natürlich doppelt – ein Exemplar liegt jetzt bis zur Ausreise in unseren Pässen). Damit es nicht zu kompliziert wird, hatte man bereits vorausgefüllte Formulare als Muster hingelegt, die wir nur durch unsere persönlichen Daten ersetzen mussten.

Danach ging es einen Raum weiter und ich durfte als Fahrzeug-Besitzer noch ein extra Formular für den Nobel-Hobel ausfüllen – auch das natürlich in doppelter Ausfertigung. Nachdem noch einige Unklarheiten beseitigt wurden, weil der russische Zoll mein großes D nicht von einem großen O unterscheiden konnte (ich verstehe das gar nicht 🙂 ) und ich jede Änderung noch einmal gegenzeichen durfte, ging es nach kurzem Warten für mich weiter zur Fahrzeuginspektion. Zwischenzeitlich wurden die Jungs vom NDR, die die Rallye mit einem Wohnmobil begleiten, noch einmal kurz zusammengestaucht, dass sie deutlich zu viel Alkohol an Bord hätten und in der Zukunft so etwas zu unterlassen sei (das blieb allerdings absolut folgenlos).

Ich marschierte dann mit unserem Zöllner zum Nobel-Hobel, lud ein paar Kisten aus, dann war es ihm genug und er holte seinen Vorgesetzten. Auch der war super-freundlich, zeigte auf die 11 kg-Gasflasche und ich meinte nur „for BBQ“ – „Aaah – OK“, so ging es dann mit allen Kisten weiter… Kurze Inspektion, kurzes Nicken, alles in Ordnung. Er verschwand dann mit den Papieren, aber eigentlich nur, um Rüdiger zu holen. Alles in allem war das Ganze nach etwas über 50 Minuten vorbei und völlig harmlos. Wir hatten zwar fast keine Lebensmittel mehr, aber die Teewurst und die Birnen hätten russisches Staatsgebiet nicht betreten dürfen, die Anzahl der Bierdosen und -flaschen wären zumindest überprüfenswert gewesen…

Also rein in den Nobel-Hobel und auf nach Murmansk… Nach ein paar Metern wurden dann sicherheitshalber noch einmal die Pässe kontrolliert (nicht, dass die Kollegen etwas falsch gemacht haben) und dann ging es los in Richtung Murmansk. Fast – ein paar Kilometer später kam dann noch ein handbetriebener Schlagbaum. Ich musste erst noch ein paar Meter zurücksetzen, damit der eine Zöllner das Kennzeichen notieren konnte und seinem Partner das Zeichen zum Heben des Schlagbaums gab.

Alles in Allem waren die gesamten Grenzformalitäten absolut im Rahmen, die Fragen von kanadischen Einreise-Beamten deutlich härter und unfreundlicher und auch die Russen scheinen den Baltic Sea Circle mittlerweile als normal zu betrachten (alle „Muster-Formulare“ hatten erkennbar BSC-Hintergrund). Das wurde uns auch von diversen anderen Teams bestätigt.

Die Strecke nach Murmansk war genaugenommen eine knapp 200 Kilometer lange Strecke durch ein großes Nichts. Keine Dörfer oder Städte, einfach nur Natur, durch die man vor vielen Jahren einen ca. 5 Meter breiten Asphaltstreifen gelegt hatte. Man merkte allerdings auch sofort, dass dieses schon einige Jahre her sein musste und Väterchen Frost in der Zwischenzeit sehr fleißig war. Riesige Schlaglöcher, Bodenwellen und notdürftige Ausbesserungen sorgten das erstmals dafür, dass wir dem Nobel-Hobel untersagten, sich in den Autobahn-Modus abzusenken, damit wir die volle Federungswirkung hatten. Eine funktionierende Luftfederung ist wirklich Gold wert!!!

Gegen 15:00 Uhr erreichten wir Murmansk. Vorher hatten wir noch vollgetankt (knapp 63 ct. pro Liter) und wir erblickten gammelige Industrieansiedlungen und Plattenbauten. Die ganze Stadt roch auch ein wenig wie die DDR im Sommer (also ohne Braunkohlen-Briketts). Unser erstes Ziel war die Tagesaufgabe „Finde den ersten atombetriebenen Eisbrecher und fotografiere ihn“. Die Lenin zu finden war nicht zu schwer, sie zu betreten für uns zu spät, da waren schon die Tore zu.

Von dort sind wir zu unserem Hotel gefahren, stilecht im Erdgeschoss eines Plattenbaus untergebracht. Die Zimmer waren aber absolut in Ordnung über das Frühstück gibt es im folgenden Eintrag mehr zu lesen… Hunger hatten wir auch noch, unsere erste Trip-Advisor-Empfehlung entpuppte sich als Brauerei mit angeschlossener Arbeiter-Kneipe, die wohl hauptsächlich davon lebte, ihr Bier in PET-Wasserflaschen abzufüllen und außer Haus zu verkaufen. Das Speisenangebot bestand aus verkohlten Chicken-Wings und Chips. Auf Auto- oder Taxifahren hatten wir keine Lust, also ab ins nächstgelegene Einkaufzentrum und jeder zwei Stück Pizza verdrückt. War einigermaßen lecker und hat satt gemacht… Mehr gab es von diesem Tag eigentlich nicht zu berichten.