von: Thomas
Statistik:
gefahrene Strecke: 313,6 km
Abfahrt: 9:30 Uhr
Ankunft: 16:30 Uhr
Fahrtzeit: 7:00 Std.
Das versprach, ein spannender Tag zu werden. Nicht aufgrund der Fahrstrecke oder der Landschaft, sondern aufgrund der Überquerung der russischen Grenze. Für uns beide ist dies eine Premiere (wie für fast alle anderen Teams auch). Keine Ahnung, ob es daran liegt, aber es ist doch ein beträchtlicher Teil in Richtung Alternativstrecke durch Finnland abgebogen. Aber jetzt hatten wir die Visa, jetzt wollten wir die auch benutzen! Außerdem waren wir extrem neugierig auf die Strecke und Russland an sich…
Wir hatten einigermaßen ausgeschlafen und machten uns gegen 9:30 Uhr auf den Weg. Nach siebzig Kilometern kamen wir am finnischen Grenzposten an. Keiner vor uns, keiner hinter uns. Als wir am Fenster des Zollbeamten auftauchten, begrüßte er uns mit den Worten „Aah – Team Nobel-Hobel!“… Woher weiß er das??? Ein Blick auf seinen Monitor sprach Bände… Dort sah man nicht irgendeine Grenzübergangs-Bewachungs-Software, sondern die Seite vom Super-Adventure-Club, auf der er kurzerhand unsere Nummer 134 eingegeben hatte. Es scheint so, als ob die BSCs für die finnischen Zöllner eine nette Abwechslung sind… Nachdem dem beiderseitigen Gelächter wurden die Papiere auf Vollständigkeit überprüft und der Schlagbaum öffnete sich:
Ein paar hundert Meter weiter wurde es ernst, der russische Grenzübergang war vor uns. Die erste gute Nachricht – viel los war nicht… Naja, wer will schon Sonntagmorgens nach Russland einreisen, außer ein paar Bekloppten, die partout die ganze Ostsee im Uhrzeigersinn umkreisen wollen. Die Frühaufsteher waren ja auch schon durch. Also durften wir den Nobel-Hobel abstellen und wurden in die Aufnahme begleitet. Die Pässe wurden wiederholt kontrolliert, dann durften wir den Einreiseantrag ausfüllen (natürlich doppelt – ein Exemplar liegt jetzt bis zur Ausreise in unseren Pässen). Damit es nicht zu kompliziert wird, hatte man bereits vorausgefüllte Formulare als Muster hingelegt, die wir nur durch unsere persönlichen Daten ersetzen mussten.
Danach ging es einen Raum weiter und ich durfte als Fahrzeug-Besitzer noch ein extra Formular für den Nobel-Hobel ausfüllen – auch das natürlich in doppelter Ausfertigung. Nachdem noch einige Unklarheiten beseitigt wurden, weil der russische Zoll mein großes D nicht von einem großen O unterscheiden konnte (ich verstehe das gar nicht 🙂 ) und ich jede Änderung noch einmal gegenzeichen durfte, ging es nach kurzem Warten für mich weiter zur Fahrzeuginspektion. Zwischenzeitlich wurden die Jungs vom NDR, die die Rallye mit einem Wohnmobil begleiten, noch einmal kurz zusammengestaucht, dass sie deutlich zu viel Alkohol an Bord hätten und in der Zukunft so etwas zu unterlassen sei (das blieb allerdings absolut folgenlos).
Ich marschierte dann mit unserem Zöllner zum Nobel-Hobel, lud ein paar Kisten aus, dann war es ihm genug und er holte seinen Vorgesetzten. Auch der war super-freundlich, zeigte auf die 11 kg-Gasflasche und ich meinte nur „for BBQ“ – „Aaah – OK“, so ging es dann mit allen Kisten weiter… Kurze Inspektion, kurzes Nicken, alles in Ordnung. Er verschwand dann mit den Papieren, aber eigentlich nur, um Rüdiger zu holen. Alles in allem war das Ganze nach etwas über 50 Minuten vorbei und völlig harmlos. Wir hatten zwar fast keine Lebensmittel mehr, aber die Teewurst und die Birnen hätten russisches Staatsgebiet nicht betreten dürfen, die Anzahl der Bierdosen und -flaschen wären zumindest überprüfenswert gewesen…
Also rein in den Nobel-Hobel und auf nach Murmansk… Nach ein paar Metern wurden dann sicherheitshalber noch einmal die Pässe kontrolliert (nicht, dass die Kollegen etwas falsch gemacht haben) und dann ging es los in Richtung Murmansk. Fast – ein paar Kilometer später kam dann noch ein handbetriebener Schlagbaum. Ich musste erst noch ein paar Meter zurücksetzen, damit der eine Zöllner das Kennzeichen notieren konnte und seinem Partner das Zeichen zum Heben des Schlagbaums gab.
Alles in Allem waren die gesamten Grenzformalitäten absolut im Rahmen, die Fragen von kanadischen Einreise-Beamten deutlich härter und unfreundlicher und auch die Russen scheinen den Baltic Sea Circle mittlerweile als normal zu betrachten (alle „Muster-Formulare“ hatten erkennbar BSC-Hintergrund). Das wurde uns auch von diversen anderen Teams bestätigt.
Die Strecke nach Murmansk war genaugenommen eine knapp 200 Kilometer lange Strecke durch ein großes Nichts. Keine Dörfer oder Städte, einfach nur Natur, durch die man vor vielen Jahren einen ca. 5 Meter breiten Asphaltstreifen gelegt hatte. Man merkte allerdings auch sofort, dass dieses schon einige Jahre her sein musste und Väterchen Frost in der Zwischenzeit sehr fleißig war. Riesige Schlaglöcher, Bodenwellen und notdürftige Ausbesserungen sorgten das erstmals dafür, dass wir dem Nobel-Hobel untersagten, sich in den Autobahn-Modus abzusenken, damit wir die volle Federungswirkung hatten. Eine funktionierende Luftfederung ist wirklich Gold wert!!!
Gegen 15:00 Uhr erreichten wir Murmansk. Vorher hatten wir noch vollgetankt (knapp 63 ct. pro Liter) und wir erblickten gammelige Industrieansiedlungen und Plattenbauten. Die ganze Stadt roch auch ein wenig wie die DDR im Sommer (also ohne Braunkohlen-Briketts). Unser erstes Ziel war die Tagesaufgabe „Finde den ersten atombetriebenen Eisbrecher und fotografiere ihn“. Die Lenin zu finden war nicht zu schwer, sie zu betreten für uns zu spät, da waren schon die Tore zu.
Von dort sind wir zu unserem Hotel gefahren, stilecht im Erdgeschoss eines Plattenbaus untergebracht. Die Zimmer waren aber absolut in Ordnung über das Frühstück gibt es im folgenden Eintrag mehr zu lesen… Hunger hatten wir auch noch, unsere erste Trip-Advisor-Empfehlung entpuppte sich als Brauerei mit angeschlossener Arbeiter-Kneipe, die wohl hauptsächlich davon lebte, ihr Bier in PET-Wasserflaschen abzufüllen und außer Haus zu verkaufen. Das Speisenangebot bestand aus verkohlten Chicken-Wings und Chips. Auf Auto- oder Taxifahren hatten wir keine Lust, also ab ins nächstgelegene Einkaufzentrum und jeder zwei Stück Pizza verdrückt. War einigermaßen lecker und hat satt gemacht… Mehr gab es von diesem Tag eigentlich nicht zu berichten.